Ein kleiner Ausflug zur Liebe

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Gibt man den Begriff „Liebe“ bei Google ein, kommen 274.000.000 Treffer dabei heraus, so sehr interessiert uns dieses Thema. Es ist so aktuell, wie es alt ist, denn schon in der Antike gab es rege philosophische Auseinandersetzungen über die Liebe. Aber was genau fasziniert uns so daran?

Jeder von uns hat einen bestimmten Begriff von Liebe im Kopf. Schon allein bei Mutterliebe gehen unsere Definitionen auseinander und sie ist nur ein Zweig der Liebe. Erfahren haben wir sie sicher alle schon, die Liebe, aber jeder würde sie anders beschreiben und doch würden wir auch auf einen Nenner kommen. Liebe ist nicht immer himmelhochjauchzend, wie Goethe einst schrieb, sondern ebenso zu Tode betrübt sein. Natürlich wissen wir auch das von Goethe! Der wusste halt voll Bescheid! Ich mein … na ja es ist halt Goethe, nicht wahr?

Jedenfalls, sind sich alle darüber einig, dass Liebe auch mit Schmerz zu tun hat, z.B. mit Verlust, mit Liebeskummer oder mit Sehnsucht und unerfüllter Liebe.

Wie kompliziert das Ganze aber wird, wenn wir uns heute schon nicht einig sind über den Begriff „Liebe“, wie muss das erst in anderen Zeitaltern gewesen sein? Genauso uneinig natürlich!

Antike – die Uneinigkeit geht weiter …

Es ist ja kein Wunder, dass sich die Philosophen nie so wirklich einig sind, sonst macht ja das ganze philosophieren keinen Spaß! Was finden wir also in der Antike?

Die Antike prägt die Begriffe eros und philia. Den guten Eros kennen wir auch aus der griechischen Mythologie als Gott der begehrenden und schönen Liebe. Bei Platon ist eros das Verlangen nach dem Schönen, das kribbelnde Gefühl, wenn man frisch verliebt ist. Ja, jetzt überlegt man gleich, ob das „Eroscenter“ deswegen seinen Namen hat 😉 ! Aber eros bedeutet nicht zügellose Liebe, sondern eher für das „himmelhochjauchzend“ von Goethe. Er steht weniger für die Lust, als wirklich eben für das Schöne, denn für die Lust steht eher Aphrodite in der Antike.

Für Platon ist das aber längst noch nicht alles, was es über eros zu sagen gäbe. Deswegen lässt er, wie so oft, Sokrates sprechen! Dazu lädt Platon zu einem Gastmahl ein bzw. schrieb er ein Werk mit dem Namen „Gastmahl/Symposium“ in welchem er verschiedene Philosophen zu Wort kommen lässt, aber wie wir wissen, kommt es einzig und allein auf Sokrates Rede an! Denn was lernen wir hier über eros durch Sokrates?

Liebe=Begehren=Mangel

Und das ist auch schon die ganze Quintessenz. Eros ist die Liebe, die begehrt und das, was ich begehre, ist ja wiederum das, was mir fehlt. Also hat eros hier immer mit einem Mangel von einer Person oder … z.B. Schokolade zu tun! Nein, Quatsch… von Schokolade bekommt man nie genug! Aber, so ist leider das Ende vom Lied: Wenn ich die Person „bekomme“, die ich schon lange begehre, dann habe ich ja keinen Mangel mehr, keinen Mangel bedeutet es gibt nichts zu begehren und somit verfliegt auch die Liebe. Ein Phänomen was nicht ganz so unüblich ist auch in unserer Zeit. Natürlich gibt Sokrates hier 1-2 Auswege, denn wir hoffen ja alle darauf, dass die Liebe etwas länger anhält …

Aber noch besser und ein wunderbares Ergänzungsstück zu eros, ist die philia nach Aristoteles:
Philia beschreibt die Liebe zwischen Freunden, Paaren und Familie. Eben eine sehr langanhaltende, nicht vergehende Liebe, die darauf baut dem anderen etwas Gutes um seinetwillen zu wollen, bzw. zu geben.

Ein dritter Begriff reiht sich neben eros und phila ein: agape. Davon haben Platon, Aristoteles und Co. noch nicht so viel mitbekommen, da es ein Begriff ist, der erst mit der Christianisierung in die Literatur zog. Agape bezeichnet die Liebe zu Gott.

Vater, Mutter, Gott?

Eine Menge Philosophen haben eine Menge zu agape gesagt, sie, die göttliche Liebe, war wohl schwer angesagt zu einer bestimmten Zeit und natürlich gibt es sie auch noch heute. Deswegen ein paar wenige Worte dazu: Erich Fromm widmet der Liebe ein ganzes kleines Buch, welches sehr spannend zu lesen ist. Die Liebe zu Gott beschreibt er aus zwei Perspektiven, der matriachalischen und der patriachalischen. Also liebe ich Gott mehr als Vaterfigur oder als Mutter, ist die Behauptung, die er hier aufstellt. Wer Gott als Vater sieht, der glaubt an einen strengen, aber gerechten Gott, der belohnt und bestraft. Gott als Mutter beschreibt einen Gott, der mich liebt, egal wie arm oder reich ich bin und egal, ob ich sündige oder nicht. Gott liebt mich nicht mehr oder weniger als seine anderen „Kinder“. Natürlich ist das nur die abgespeckte Form, wer sich dafür interessiert sollte unbedingt einen Blick in Erich Fromms „Die Kunst des Liebens“ werfen.

Fromm und Rousseau – Selbstliebe = Selbstsucht?

Aber kommen wir zurück zu den anderen Arten der Liebe: Eine Form, die immer wieder auftaucht und nicht fehlen darf, ist die Selbstliebe. Rousseau finden wir hier als Verfechter der Selbstliebe wieder und das nicht zwingend im narzisstischen oder egoistischen Sinne. Die Selbstliebe ist für Rousseau etwas höchst natürliches (Urleidenschaft), ebenso wie alle anderen Leidenschaften oder Neigungen. Diese sieht Rousseau natürlich durch die Kultur modifiziert und wie wir uns denken können, sieht er das nicht unbedingt gerne, der alte Kulturkritiker!

Rousseau betrachtet Selbstliebe hier als etwas Angeborenes, als etwas zum Überleben Notwendiges. Denn um uns selbst zu erhalten, müssen wir uns selbst lieben. Wir würden heute sagen, dass ein gesundes Maß an Selbstliebe wichtig für unseren Selbstwert ist. Der Selbstliebe gegenüber wird die Eigenliebe gestellt. Sie entsteht, so Rousseau, aus unserem Wunsch anderen zu gefallen und aus der Abhängigkeit von Meinungen. Auch rät er davon ab, zu viele Bedürfnisse zu haben und sich allzu oft mit anderen zu vergleichen. Rousseau ist also eher von einem spartanischen Leben angetan und rät das auch an anderer Stelle in seinen Texten.

Auch Fromm betont den Begriff der „Selbstliebe“ und unterscheidet ihn von dem Wort „Selbstsucht“. Er stellt die These auf, dass der Selbstsüchtige sich hasst, als dass er sich liebt und seine Selbstsucht nur ein kläglicher Versuch ist, mit sich in Kontakt zu kommen, da er sich eigentlich verachtet bzw. nicht lieben kann. Der Selbstsüchtige kann weder sich noch andere lieben, wohin gegen der Selbstliebende das vermag. Auch selbstlose Menschen zählt Fromm zu der Sorte Mensch, die sich selbst zu sehr in den Hintergrund schieben und sich und andere nicht lieben können, jedenfalls nicht in einem gesunden Maße.

Es stellt sich also die Frage: Kann ich jemand anderen lieben, wenn ich mich selbst nicht liebe? Und liebt dann überhaupt noch irgendwer irgendwen, denn fast jeder hat psychischen Balast mit sich zu schleppen. Definiert Fromm hier eine „perfekte Liebe“? Und was ist mit allen anderen Arten von Liebe?

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